Lucy`s Story

Lucy ist eine Katze mit einer ganz besonderen Geschichte. Sie wurde als kleines Kätzchen, damals ca. 4 Wochen alt, gemeinsam mit ihrer Mamakatze und ihren Geschwistern in einem Karton auf einem Gartengrundstück ausgesetzt. Die ganze Katzenfamilie kam ins Tierheim.

Lucy, das Sorgenkind…

Sofort fiel auf, dass Lucy „besonders" war, denn sie war bereits damals nur halb so groß wie ihre Geschwister und zeigte Rassemerkmale einer Britisch Kurzhaarkatze, während Mama und Geschwister eher einer normalen Hauskatze entsprachen. Da bei Katzenwürfen auch mehrere Väter möglich sind, ist dies durchaus denkbar, erklärte aber ihre geringe Größe und ihr fehlendes Wachstum nicht. Lucy wuchs viel langsamer als alle anderen, sie war ein echtes „Zwergerl“.

 

Besorgniserregend wurde es dann im Alter von ca. 6 Wochen. Täglich war im Zimmer der Katzenfamilie erbrochen und es brauchte bei sovielen Kätzchen regelrechte Detektivarbeit, herauszufinden, wer sich hier übergeben musste. Leider stand rasch fest: Es ist Lucy. Lucy wurde also durch unsere Tierärztin behandelt, sie bekam Magenschutz und etwas gegen Übelkeit, es nahm jedoch kein Ende. Zeitgleich verlor sie rasch an Gewicht, wurde immer schwächer, wurde von den Tierpflegern per Spritze zugefüttert. Es stand nicht gut um Lucy, denn trotz aller Bemühungen baute sie weiter ab. Auffallend war, dass sie vor allem nach dem Zufüttern lethargisch wurde und nach dem Füttern deutliches Unwohlsein zeigte, bis sie sich schließlich wieder erbrechen musste.

Die Diagnose, die alles veränderte

Da es unmöglich so weitergehen konnte, wurde Lucy in der Tierklinik zu weiteren Untersuchungen vorgestellt. Ich hatte damals bereits den dringlichen Verdacht, war aber selbst sehr bestürzt, als sich dieser Verdacht nach den Untersuchungen prompt bestätigte: Lucy litt an einer angeborenen, vaskulären Ringanomalie mit Einschnürung der Speiseröhre.

 

Diese Missbildung bedeutet, dass zwei Blutgefäße sich in der embryonalen Entwicklung nicht korrekt ausgebildet haben und nun die Speiseröhre regelrecht abschnürten. Solche Kätzchen können zwar überleben, solange sie sich von Muttermilch ernähren, da kleine Mengen flüssiger Nahrung diese Engstelle gerade noch passieren können. Es erklärte aber, warum Lucy von Beginn an so „hinten nach“ war. Nun, da sie das erste Mal feste Nahrung zu sich genommen hatte, begannen die Symptome wie ständiges Erbrechen, da das Futter in der Speiseröhre vor dieser Engstelle hängen blieb und Lucy sich nur durch Heraufwürgen helfen konnte.

Erster Schritt: Die Magensonde

Nachdem die Diagnose feststand, mussten wir eine wichtige Entscheidung treffen. Es gab nur zwei Möglichkeiten. Lucy einschläfern, oder alles auf eine Karte setzen und ihr mittels OP zu einer Chance auf Leben verhelfen. Wir entschieden uns, diesen Weg mit Lucy zu gehen. Sie hatte eine Chance verdient!

 

Lucy auf normalem Weg über die Speiseröhre zu ernähren, war unmöglich. Nach der Diagnostik mittels Kontrastmittelröntgen und CT, wurde daher eine Magensonde (PEG Tube) gesetzt. Lucy wog damals noch nicht mal 500 g, weshalb es ein sehr risikoreiches Verfangen war, Lucy überstand die OP jedoch ohne Probleme.

Von nun an berechnete ich wöchentlich anhand ihres Körpergewichtes den benötigten kcal-Bedarf und ernährte Lucy im 2 Stunden-Takt mit Flüssignahrung über die Sonde. Ich entschied mich für „Royal Canin Recovery Liquid“, da es die beste Konsistenz und kcal-Dichte aufwies. Bei Kitten im Wachstum wird der normale Erhaltungs-kcal-Bedarf mit dem Faktor 2,5 multipliziert, somit erhält man den Kcal-Bedarf, der ein gesundes Wachstum ermöglicht.

 

Dies klappte sehr gut, Lucy nahm kontinuierlich zu und das Sonden-Handling wurde mit der Zeit immer einfacher. Da ich alle paar Stunden füttern musste, war Lucy ähnlich wie ein Flaschenkind immer mit mir unterwegs, egal ob daheim, oder in der Arbeit. Ans Autofahren gewöhnte sie sich sehr schnell und sie war gottseidank ein sehr unkompliziertes Katzenkind, dass sich sehr rasch mit der Situation anfreundete.

Das Leben mit der Sonde

Die ersten Wochen musste Lucy einen Halskragen und einen Body tragen, um sicherzustellen, dass sie nicht am Sondenschlauch herumknabbert. Da es keine fertigen Bodys in ihrer Größe gab, mussten Babysocken, Kindersocken und später Damensocken herhalten, bis sie endlich in den kleinsten Katzenbody passte.

 

Außerdem musste sie – leider – von ihrer Mama und ihren Geschwistern getrennt werden, da diese ihre neue „Montur“ nicht in Ruhe gelassen hätten. Ein Ziehen oder Herumbeißen an der Sonde wäre ihr Tod gewesen, weshalb wir diesen Schritt leider setzen mussten. Lucy bekam aber fortan immer unter Aufsicht Sozialkontakt zu anderen Pflegekätzchen und liebte diese „Spielstunden“, da sie so trotz allem spielen und toben konnte.

 

Wir wurden punkto „Katzenschneiderei“ immer besser, sodass sie mit extra dicken Zusatz-Bodys dann auch richtig spielen durfte. Dieses „doppelte Gewand“ hatte sie nur zum Spielen mit ihren Spielkameraden an, es war aber eine super Möglichkeit, ihr das zu ermöglichen. Lucy war somit trotz der Sonde und trotz ihres Handicaps ein absolut lustiges und verspieltes Katzenkind, dem es an nichts fehlte.

 

Wichtig war auch die tägliche Pflege der Sondeneintritts-Pforte am Bauch, da sonst die Gefahr einer Entzündung bestand. Lucy gewöhnte sich rasch an diese Pflege und war ein sehr braver Patient.

Der große Tag – die OP

Lucy war nun von September 2023 von knapp 500 g bis Dezember 2023 auf 2 kg herangewachsen. Somit war es so weit: Sie war bereit für die alles verändernde OP!

 

Bei der OP wurde der Brustkorb eröffnet und die beiden Blutgefäße, welche kurz vorm Herzen saßen und dort die Speiseröhre umschnürten, wurden entfernt.

 

Das Risiko dieser OP ist natürlich enorm und die Liste an möglichen Komplikationen ist lang, es war aber Lucy`s einzige Chance auf ein normales Leben. Diese OP wird an Katzen nur sehr selten durchgeführt, da die allermeisten Züchter oder Tierbesitzer sich in solchen Fällen leider nur für die Euthanasie entscheiden. Insofern war es ein großer Tag für uns alle, denn Erfahrungswerte bei Katzen gab es kaum.

 

Ein großes DANKE gebührt allen Spendern, die Lucy`s teure Versorgung und Operation ermöglicht hatten. Lucy hatte binnen kurzer Zeit soviele Unterstützer für sich begeistert, sodass es möglich war, all das zu finanzieren.


Außerdem möchte ich mich bei den Ärzten und Mitarbeitern der Anicura Tierklinik Hollabrunn bedanken, die Lucy nie aufgegeben und uns in all der Zeit betreut haben. Ich bin sehr froh, für all die vielen "Sonderfälle" eine Klinik an unserer Seite zu wissen, die sich so um jedes einzelne Tier bemüht. ❤️

Komplikationen

Lucy war rasch wieder auf den Beinen, hatte aber mit einer Komplikation zu kämpfen. Bei der OP musste nämlich auch ein Lungenlappen verlagert werden, um an die betreffenden Blutgefäße zu gelangen. Dieser Lungenlappen zeigte sich danach geschädigt, Lucy entwickelte eine Pneumonie. Sie musste daher einige Tage im Sauerstoffzelt verbringen und wurde mittels Inhalationssprays und Antibiotika auch Zuhause noch einige Wochen behandelt, bis sich die Lunge wieder restlos erholte. Sie kam langsam wieder zu Kräften, an normales Füttern war direkt nach der OP aufgrund ihres geschwächten Zustandes aber noch nicht zu denken,  sodass sie weiter über die Magensonde ernährt wurde, um wieder zu Kräften zu kommen.

 

Leider fiel Lucy, trotzdem sich die Lunge besserte und alle Untersuchungen „grünes Licht“ gaben, immer häufiger durch schmerzhaftes Verhalten auf, worauf wir uns anfangs keinen Reim machen konnten. Ich war alle paar Tage mit ihr in der Klinik vorstellig, da sie erneut schmerzhafte Phasen zeigte und wir nicht wussten, was los war. Weder Ultraschall, noch Röntgen oder Blutdiagnostik konnten uns sagen, was die Ursache war. 


Es kristallisierte sich durch genaue Beobachtung heraus, dass die Schmerzen immer nach der zweiten oder dritten Sonden-Mahlzeit des Tages auftraten und sich mit jeder weiteren Fütterung zuspitzten, weshalb wir vermuteten, dass die Sonde ev. bereits Schmerzen verursachte. Man muss ja bedenken, dass Lucy mit derselben Sonde nun von 500 g auf 2 kg gewachsen war – eventuell ist hier durch das Wachstum ein Zug-Schmerz entstanden. Wir setzten daher erneut alles auf eine Karte, die Sonde wurde gezogen, obwohl Lucy noch nicht wirklich selber fressen wollte. Lucy erhielt von nun an kleine Portionen Royal Canin Recovery Mousse mittels Futterspritze und konnte erstmals über ihr Mäulchen Futter aufnehmen.

Zuerst waren wir erleichtert, weil somit war der OP-Erfolg erstmalig bestätigt: Lucy konnte Futter abschlucken und es ging problemlos in den Magen! Erbrechen war kein Thema, Lucy konnte Futter schlucken und ihre Speiseröhre war funktionsfähig. Das war das aller aller wichtigste!! 

 

Leider aber hielten Lucy`s Schmerzzustände, die immer nach den Fütterungen auftraten, weiter an. Nach mehreren Ultraschallterminen stand dann fest, dass es auf eine 2. OP hinauslaufen würde, denn es blieb nur mehr übrig, sich den Magen und die anderen Organe mittels Bauch-OP anzusehen. Und Bingo: Es war der einzig richtige Schritt, denn es zeigte sich, dass ein Teil der Leber mit der Magenwand verwachsen war, weshalb Lucy immer diese Schmerzen zeigte, sobald sich der Magen mehr füllte. Diese Verwachsung ist wahrscheinlich aufgrund der Magensonde entstanden und wurde nun bei dieser OP gelöst, außerdem wurde Lucy gleich kastriert, um ihr weitere Folge-OP`s zu ersparen. Es sollte die letzte OP in ihrem Leben sein – und zum Glück war sie ein voller Erfolg.

 

Lucy war sehr schnell wieder auf den Beinen und die früheren Schmerzzustände waren wie weggeblasen. Diese Verwachsung ist sehr untypisch und war im Ultraschall nicht zu verifizieren, weshalb es auch so schwierig war, das Problem aufzudecken. Letzten Endes war das Problem damit aber gelöst und Lucy ab diesem Zeitpunkt wieder völlig schmerzfrei.

Selber fressen? Leider Fehlanzeige

Was uns aber nun zum nächsten Problem führte: Lucy wollte, obwohl sie es nun konnte, einfach nicht fressen. Sie wandte sich bei jedem Futter angeekelt ab und auch mit vermehrtem Hunger wollte sie nicht selbst fressen. Natürlich war mit solch einer Reaktion auch zu rechnen, denn richtig „lernen“ konnte sie es in ihrer Kindheit ja nicht. Für Lucy war jedes Fressen in der Kindheit negativ besetzt. Zuerst die Phase, als sie nach jedem Fressen Erbrechen musste, dann die Schmerzzustände nach dem Fressen aufgrund der Magenverwachsung – natürlich konnte man sich nicht erwarten, dass Lucy nun von einem Tag auf den anderen alles vergessen und gierig fressen würde. Sie war ein lebhafter, verspielter Wirbelbind, wollte aber einfach nicht selber fressen.

 

Die Wochen vergingen, ich ernährte Lucy weiter mit Royal Canin Recovery Mousse mittels Futterspritze ins Mäulchen und zeitgleich testeten wir durch, was Lucy denn schmecken könnte. Von selbstgekocht bis Premium Futter, von Billig-Supermarkt-Futter („Junk Food“) bis hin zu exquisiten Döschen…. Ich probierte alles, ja wirklich alles durch. Roh, gekocht, püriert, faschiert, angebraten – egal. Sie wollte es nicht.

 

Bis wir einen Lichtblick hatten: Trockenfutter. Sie „will“ Trockenfutter! Leider aber war hier der Hund im Detail begraben. Denn Trockenfutter mit zu großer Krokettengröße konnte Lucy nicht fressen. Waren die Kroketten zu groß, musste sie sich erbrechen, das machte die Speiseröhre nicht mit. Also konnten wir nur Trockenfutter mit ganz ganz kleiner Krokettengröße auswählen. Es kam einzig Royal Canin Mother & Babycat und Happy Cat Minkas Kitten Care in Frage. Dieses Futter hatte eine Krokettengröße von 4-5 mm und konnte von Lucy problemlos gefressen werden.

 

Sie ging ab diesem Zeitpunkt immer wieder zum Trockenfutter „naschen“ und fraß ein paar Stückerl mit Genuss, es reichte aber nicht, um sich wirklich ausreichend davon zu ernähren. Das Zufüttern war daher noch fixer Bestandteil, wurde aber schrittweise reduziert, damit Lucy auch von selber immer wieder mal fressen geht.

Heutiger Stand

Nun war Lucy von September 2023 bis Jänner 2024 ein absoluter Intensivfall. Zuerst die Sondenfütterung, dann die Operationen, dann das „Fressen lernen“. Wie schaut es nun heute aus, wo das alles überstanden ist?

 

Also: Lucy muss mittlerweile nicht mehr mit mir in die Arbeit mitfahren, denn ständiges Füttern alle paar Stunden ist jetzt Vergangenheit. Sie wird von mir morgens und abends mit der Spritze zugefüttert und frisst damit ca. eine 3/4 Dose Recovery oder anderes Mousse pro Tag. Den Rest frisst sie selbst, wobei die Madame von selbst weiterhin nur Trockenfutter essen mag. Ungefähr ein Viertel ihres Tagesbedarfs deckt sie damit selbst.

Mikrochipgesteuerte Futterautomaten leisten uns sehr gute Dienste, denn dank der chipgesteuerten Lösung ist es mir möglich, allen Katzen weiterhin Zugang zu ihrem gewohnten Trockenfutter zu gewähren, ohne das Lucy dieses für sie aufgrund der Kroketten-Größe ungeeignte Futter erwischen kann. Die anderen können somit auch weitehrin ihr gewohntes Futter fressen, ohne das Lucy Gefahr läuft, etwas "falsches" zu fressen, was bei ihr in Erbrechen enden würde. Dank der mikrochipgesteuerten SureFeed Futterautomaten ist diese Lösung nun für alle das Beste. Mittlerweile hat Lucy das Prinzip auch sehr gut verstanden. Da es sich bei ihren Automaten um "SureFeed Connect" Exemplare handelt, kann ich jeden Tag mittels App nachschauen, wie viel sie selbst gefressen hat und die Futtermenge per Spritze entsprechend anpassen.

Ihr extra-kleines Trockenfutter frisst Lucy also immer wieder selbst, ansonsten wird sie weiterhin morgens und abends von mir zugefüttert. Gut geeignet für Lucy ist dabei Royal Canin Recovery Mousse, oder aber auch Mother&Babycat Mousse oder Royal Canin Kitten Gastrointestinal. Diese Sorten haben die beste Konsistenz für sie und können gut von ihr geschluckt werden.

 

Lange Zeit war unklar, weshalb Lucy solche Probleme mit dem Selber-Fressen hat und einfach nicht komplett eigenständig fressen will. In ihrer letzten CT Untersuchung im Alter von ca. 8 Monaten stellte sich aber heraus, dass sie auch im Schluck-Apparat Besonderheiten hat. Ihr fehlt das Zungenbein und sie hat Veränderungen im Kehlkopf. Die Futteraufnahme ist daher zwar möglich, aber einfach viel anstrengender für sie, als für andere Katzen, weshalb sie diese Hilfe mit dem Zufüttern wahrscheinlich ein Leben lang brauchen wird. Es hat aktuell aber einen Stand erreicht, der problemlos möglich ist. Morgens eine Breimahlzeit per Spritze, tagsüber freien Zugang zu ihren geliebten Trockenfutter-Chipautomaten zum selber naschen und abends den restlichen Bedarf nochmal per Futterspritze, je nachdem, wie viel sie selbst im Tagesverlauf gefressen hat. Es hat sich sehr gut eingespielt.

 

Lucy, der kleine Augenstern

Da Lucy mit mir diesen ganz besonderen Weg gegangen ist und auch weiterhin auf die Hilfe angewiesen ist, ist sie als Dauerpflegling bei mir geblieben. Ich habe anfangs lange gehadert, ob sie vermittelt werden soll oder nicht, denn „eigentlich“ behalte ich schon seit langem nur mehr die wirklich Unvermittelbaren. Lucy hat mir diese Frage durch ihr Verhalten aber irgendwann dann doch leicht gemacht, denn eine Katze, die sich nicht selbständig ernährt, kann ich nicht mit gutem Gewissen abgeben. Außerdem lässt sie sich absolut nicht "von jedem" füttern, ganz im Gegenteil, Madame ist da sehr heikel.

Lucy hat hier bei den Dauerpfleglingen ihr fixes Zuhause bekommen und düst nun mit Sunshine, Anton, Franco und den anderen im Haus und abgesichertem Garten herum. Sie hat jetzt jede Zeit der Welt und wird umsorgt, egal wie sie sich weiter entwickelt. Lucy ist eine so lebenslustige und aktive junge Katze, sodass es all diese Strapazen absolut wert war.

 

Da Lucy als Dauerpflegetier bei mir ist, freut sie sich auch über eine Patenschaft. Wer mehr dazu wissen möchte: Patentier-Seite von Lucy (Tierheim Dechanthof)