Ammenaufzucht

 

Ist Ammenaufzucht eine Alternative?

 

Grundsätzlich ist es möglich, mutterlose Kitten einer anderen Mamakatze unterzulegen, die gerade selbst Kinder aufzieht. Jedoch gibt es dabei vieles zu bedenken und leider auch viele Risiken, sodass die Ammenaufzucht bei Weitem nicht immer die beste Alternative ist.

 

Was sind die Risiken, was gibt es zu bedenken?

  • Krankheitsverschleppung. 
    Man hat es leider bei Fundkätzchen stets mit kleinen "Überraschungspaketen" zu tun. Niemand weiß, mit welchen Krankheiten deren Mamakatze in Kontakt gekommen ist und wie der Impfstatus der Mamakatze ist. Bei Fundkätzchen weiß auch niemand, welche Krankheiten z.B. in der betreffenden Streunerpopulation gerade grassieren. Und letztlich ist es auch immer die Frage, warum die Kleinen mutterlos wurden... denn manchmal sind Unfälle, oft aber auch Krankheiten die Ursache dafür. Manche Mütter sortieren kranke Kitten z.B. aus und lassen diese zurück - das wäre der Lauf der Natur. Sie spüren, dass etwas nicht stimmt und kümmern sich nicht mehr. So ist z.B. bekannt, dass Kitten mit bakteriellen Infektionen instinktiv nicht mehr von der Mutter geputzt werden, sie würde dann ja sich selbst und die noch gesunden Kätzchen gefährden. Die Natur hat hier einige Mechanismen entwickelt, um Kranke auszusondern. Man kann sich nun ausmalen, dass es wenig sinnvoll ist, diese Kitten dann sofort zu einer fremden Mutter samt deren Nachwuchs zu legen...

    So ist es leider möglich, dass augenscheinlich "normale" Kitten sich in der Inkubationszeit für Katzenseuche (Parvovirose) oder ander Erkrankungen befinden. Leider erlebt man somit oft Tage später sein blaues Wunder, nur dann ist es zu spät - dann ist auch der Wurf der Ammenkatze infiziert.

    Oft kann es aber auch umgekehrt zu Problemen kommen. Die leiblichen Kitten der Ammenkatze wachsen mit deren Keim-Milieu auf. Wir erleben z.B. häufig, dass Kätzchen einer "Schnupfen-Mama" problemlos groß werden und tatsächlich nie Symptome zeigen, währen die Mamakatze jedoch offensichtlich mit Schnupfenerregern kämpft. Würde man hier fremde Kitten dazusetzen, wäre eine Erkrankung der Kleinen garantiert. Dabei ist nicht jede Erkrankung so offensichtlich erkennbar wie Schnupfen... von viralen Erkrankungen bis Darmparasiten wie Giardien oder Kokzidien ist die Bandbreite an möglichen "Mutter-Kind-Erregern" sehr groß, gerade bei Streunern. Jede Mamakatze bringt ihre Antikörper gegen bereits überstandene Infektionen mit, was auch deren Kitten beeinflusst. Fremde Kitten haben diesen Keimen dann womöglich nichts gegenzusetzen und erkranken. Das Prädikat "Augenscheinlich gesund" ist somit stets sehr vorsichtig zu betrachten.

Positiver Parvo-Test von Fundkätzchen, die zuvor keinerlei Anzeichen zeigten und noch in der Inkubationszeit steckten. Die Inkubationszeit für virale Erkrankungen beträgt 10-14 Tage. Wer das einmal mitgemacht hat, wird nie "frisch gefundene" Kätzchen sofort vergesellschaften!

  • Ist eine Nest-Kontrolle möglich?

    Entschließt man sich dennoch dazu, die Fundkätzchen einer anderen Mutter unterzulegen, git als oberstes Gebot: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Gerade schwache Fundkitten verfügen oft nicht mehr über genügend Kraft, sich gegen stämmigere Geschwister durchzusetzen. Es ergibt zwar ein herzerwärmendes Bild, sie dann bei einer netten Mamakatze liegen zu sehen, letzten Endes entscheidet über den Erfolg jedoch die Gewichtszunahme.

    Nimmt ein Kitten bei der Amme ab oder stagniert das Gewicht, muss unbedingt zugefüttert oder in Handaufzucht gewechselt werden! Wir im Tierheim stehen dabei allein deshalb oft vor praktischen Problemen, denn scheue Streuner-Mütter lassen uns nur selten täglich zur Kontrolle ins Nest greifen. Auf gut Glück fremde Kitten bei einer Kätzin dazuzulegen ohne jede Kontrolle, würde ich aus Erfahrung absolut nicht empfehlen. Es muss unbedingt gewährleistet sein, dass ein mögliches Zurückbleiben der Fremd-Kitten frühzeitig bemerkt und eingegriffen werden kann!

Zwingend nötig: Die Tägliche Gewichtskontrolle der Neuankömmlinge! Bei Gewichtsabnahme oder fehlener Zunahme muss sofort reagiert werden! Katzenmütter, die keine Nest-Kontrolle tolerieren, sollten daher nicht als Ammen eingesetzt werden.

  • Altersunterschied / Entwicklungsstand.

    Auch der Altersunterschied der Kätzchen und der Entwicklungsstand sind von großer Bedeutung. Klar, manchmal klappen auch Patchwork-Familien gut. Es macht aber keinerlei Sinn, zu 4-wöchigen "500 Gramm Brummern" zB. kleine Fundkätzchen mit noch geschlossenen Augen zu legen. Die Mütter von bereits größeren Kitten sind schlichtweg normalerweise nicht mehr permanent im Nest - ihre Kinder brauchen das ja nicht mehr. Die Neuen dagegen schon, wodurch es dann oft zu einer Mangelversorgung der Fremd-Kitten kommt. Zu große Altersunterschiede sollten daher unbedingt vermieden werden. Nicht nur, dass kräftigere Kitten die Schwachen sowieso meist abdrängen, auch die Mütter sind dann längst nicht mehr im "Nestmodus", wenn die eigenen Kitten bereits weiter entwickelt sind. Ausnahmen bestätigen die Regel, jedoch ist gute Kontrolle in solchen Fällen absolut von Nöten.