Sehr oft, ja leider viel zu oft, werden bei gerade frisch verunfallten Katzen "Ultimaten" aufgestellt. Wie oft habe ich den Satz "wenn die Katze bis Freitag nicht pinkeln kann, muss sie eingeschläfert werden" schon gehört....
Mir zerreisst es jedesmal das Herz, wenn ich daran denke, dass viele Katzen wohl tatsächlich nur aufgrund der Blasenlähmung euthanasiert werden, oft sogar ohne das sich ihre Besitzer über mögliche Alternativen, also das Ausmassieren der Blase, Gedanken gemacht haben oder Zeit hatten, sich damit auseinanderzusetzen. Auch bei meinen Katzen hörte ich von manchen der erstbehandelnden Tierärzte den Rat zur Euthanasie. Seit ich jedoch durch meine Fiby - meiner ersten Schwanzabriss-Katze, durch die ich enorm viel dazugelernt habe - weiss, dass solche Katzen mit ein wenig Hilfe ihrer Besitzer eigentlich völlig normal leben können, wende ich mich bei solchen Fällen sofort an die Tierklinik meines Vertrauens, um eine zweite Meinung einzuholen.
Dabei gibt es durchaus auch "Heilungschancen". Sprich, es gibt bei "Inkontinenz durch einen Unfall" stets zwei Möglichkeiten. Entweder das Tier bleibt aufgrund der Nervenschädigung inkontinent und man entleert fortan den Urin und Kot "per Hand", oder aber die Nerven heilen wieder.
Denn auch diese Möglichkeit besteht: Die geschädigten Nerven können auch wieder heilen! Nur dauert das meistens sehr lange und man muss einen langen Atem beweisen. Bei meiner Leila kamen die ersten zaghaften Funktionen sechs Monate nach ihrem Unfall wieder. Nach einem knappen Jahr konnte Leila wieder selbständig pinkeln und später brauchte sie gar keine Hilfe mehr dabei. Auch von meiner Tierheim-Laufbahn her kenne ich einige Katzen, denen es ähnlich erging, manche konnten nach Wochen, andere nach Monaten wieder pinkeln. Und zur Erinnerung: Selbst wenn nicht, der Schwanzabriss und die Inkontinenz alleine sind eigentlich keine Gründe zur Euthanasie. Solche Umstände verändern das Leben nachhaltig, soviel ist klar, aber sie müssen nicht den Tod bedeuten.
Sieht so eine Katze aus, die besser "erlöst" werden sollte? Nein, Trixie lebt trotz Inkontinenz und Schwanzlähmung gut und gerne.... und zeigt uns das jeden Tag.
Anders verhält es sich in Fällen, wo es sich beispielsweise leider um verwilderte Streunerkatzen handelt, welche einen Menschen nie im Leben nah genug an sich heranlassen würden, um die notwendige Pflege zu gewährleisten. Solche Fälle sind schwierig, da an eine Blasenentleerung oder andere unterstützende Maßnahmen hier oft gar nicht zu denken ist. Wird jedes Blase leeren zur Qual für Mensch und Tier weil es am Angreifen an sich bereits scheitert, hat man leider wenig Chancen.
Der Rest, also die Gewöhnung an den Handgriff, ist jedoch eine reine Management- und Zeitfrage. Gerade im Tierheim habe ich ja oft von Haus aus "schlechte Karten" bei verunfallten Fund-Katzen, denn: Sie kennen mich nicht, haben dementsprechend kein Vertrauen, sind plötzlich in völlig fremder Umgebung und noch dazu meistens frisch operiert, da bei fast jedem gröberen Unfall ein Knochenbruch zu richten ist. Aber selbst in dieser Situation, in der ich mich bereits viele Male befand, ist es möglich, das Vertrauen aufzubauen und aus dem Blaseleeren ein Ritual zu machen, auf welches dann Belohnung folgt.
Nein, auch bei mir klappt das nicht auf Anhieb. Kratzer und Bisse sind manchmal am Anfang unvermeidbar. Aber ich habe es mit langem Atem, vetrauensvollen Umgang, positiver Bestärkung und viel Zeit bislang immer geschafft, aus dem anfänglichen "Drama" eine "0815-Routine" zu machen - DAS ist das Wichtige, für Mensch und Tier. Meine dauerhaft blasengelähmten Katzen kommen zur Entleerungszeit zu 99% auch auf Zuruf.
Ich hoffe sehr, dass dieses "Blasenlähmung = Einschläfern"-Klischee endlich der Vergangenheit angehören wird. Für die allermeisten Katzen gibt es gute, machbare Lösungen -> Geduld und Engagement ihrer Besitzer vorausgesetzt. Lassen Sie sich nie unter Druck setzen, eine solche Entscheidung wie z.B. "Einschläfern aufgrund fehlender Blasenkontrolle" rasch fällen zu müssen und geben Sie sich und Ihrem Tier Zeit.
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